Ein Traum wird war
6.50 Uhr begebe ich mich ins Wasser, es ist angenehm warm. 1500 gelbe Badekappen um mich herum, ich mittendrin. Kurz vor dem Start beginnt die Masse zu toben, es wird geschrien, geklatscht und gepfiffen. Das Wasser kocht. Punkt 7 Uhr fällt der Startschuss. Die nächste Stunde heißt es: Augen zu und durch. Überall Arme, Beine, Köpfe, alles dicht, kein Vorwärtskommen. Nach zehn Minuten lichtet sich das Feld, langsam finde ich meinen Rhythmus. Nach 57 Minuten steige ich als 220. aus dem Wasser, drei Minuten später sitze ich auf dem Rad.
Eine Wahnsinnsstimmung in Kona heizt uns an, bis hinaus auf den Highway K. Queen 190. Dann ist man auf sich allein gestellt. Im Schatten des ca. 4500 Meter hohen Mauna Loa fahre ich in der ersten Stunde 41 Kilometer. Das Tachometer zeigt nie weniger als 50 Kilometer pro Stunde an. Nach 140 Kilometern ist aber wieder “Schluss mit lustig”. Auf den letzten 40 Kilometern macht mir der Wind wieder zu schaffen. Ich weiß auch nicht mehr genau, wie schnell ich unterwegs bin, der Tacho ist ausgefallen. Fünf Meilen vor der Wechselzone kommen mir der Spitzenreiter Peter Reid entgegen. Neuer Ansporn für mich.
Jetzt noch der Marathon
Ironman Hawaii 1998
Auf dem Ali Drive ist die Stimmung am Kochen. Nach 5:39 Stunden habe ich die 180 Kilometer auf dem Rad als 331. endlich hinter mir.
Jetzt folgt der schwerste Akt, der Marathon.
Nach dem Wechsel weiß ich, dass ich nicht mehr unter zehn Stunden bleiben werde, aber wenigstens im Hellen ankommen kann. Nach einer Stunde habe ich erst 10,5 von den 42,2 Kilometern geschafft.
Ich fühle mich noch relativ gut, nur die Oberschenkelmuskulatur, die beim Radfahren völlig fest geworden ist, lässt jeden Schritt von Schmerzen begleiten. Nach der Hälfte geht es mir von Kilometer zu Kilometer immer besser.
Ich denke von Verpflegungsstelle zu Verpflegungsstelle -Wasser, Cola, Wasser, Eis, Bananen, Orangen, Wasser, Schwämme, so läuft das die ganze Zeit. Ich komme dem Ziel immer näher, ich weiß jetzt, dass ich auf jeden Fall ankommen werde. Noch fünf Kilometer, die Stadt Kona ist in Sichtweite.
Jetzt laufe ich durch, keine Gehpausen mehr.
Noch 500 Meter bis zum Ziel, die ziehen sich noch einmal unendlich in die Länge. Menschenmassen säumen die Straße, ich fange an zu lachen – ich glaube, das erste Mal seit Rennbeginn. Ich hebe die Arme und winke den Menschen zu. Dann die Ziellinie...
In 10:21:25 Stunden laufe ich als 251. ins Ziel. Ich schließe meine Augen, ich bin ein Hawaii-Ironman.
Mein Traum ist war geworden.